Ich habe mich vorübergehend, ich betone vorübergehend, als Auftragsschreiber verdingt

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25.02.2011 von axeage

Facharbeit, nicht Doktorarbeit. Und auch nicht abgeschrieben, sondern in mühevollster Kleinarbeit selbst verfasst. Und nicht nur meine, sondern auch noch die von zwei Mitschülern. Ja gut, ich habe fünfzig Mark für jede Arbeit verlangt und weil der eine, der Peter nur dreißig Mark zu geben bereit war, hat dessen Arbeit auch einen Malus wegen schwerwiegender, äußerer Mängel erhalten. Wegen äußerer Mängel wohlgemerkt, nicht wegen inhaltlicher!
Die Arbeit für den Heinz – der hatte den geforderten Fuffziger ohne Murren auf den Tisch gelegt – diese Arbeit bekam die Note 2. Der Peter bekam gerade noch so die 4. Durchgefallen ist also keiner. Der Preis war o.k. und die Leistung entsprach dem Salär.

Für mich war es eigentlich keine Arbeit. Ich habe schon immer gerne geschrieben und heutzutage bekäme wahrscheinlich auch die Arbeit vom Peter mindestens eine 3, denn Rechtschreibfehler würde das Rechtschreibprogramm erkennen und Tipp-Ex-Patzer oder gar Durchgestrichenes gäbe es auch nicht. Aber damals, in den 70ern gab’s halt nur die gute alte Traveller de Luxe von Olympia und ein vergessenes Wort oder eine vergessene Fußnote hätte bedeutet, die ganze Seite, wenn’s ganz dumm kam, mehrere Seiten neu tippen zu müssen. Bei aller Liebe, für dreißig Mark.

Hätte der Peter die 5 bekommen, hätte ich ihm die dreißig Mark selbstverständlich wieder zurückerstattet. Keine Frage. Hätte ich natürlich nicht müssen, denn einklagen hätte der Peter das Geld ja schlecht können. Ja gut, er hätte es seinen Eltern sagen und die hätten mich zur Rede stellen und an meine Ehre appellieren können. Aber so weit hätte ich es nicht kommen lassen. Der Deal war, dass der Peter besteht und für läppische dreißig Mark ist nun einmal kein summa cum laude drin.

Aber auf die Idee, die Einleitung oder auch nur Teile davon aus der Zeitung abzuschreiben, auf diese Idee wäre ich niemals gekommen. Bei meiner Arbeit nicht und bei der vom Heinz und vom Peter schon gar nicht.

Der Peter ist jetzt übrigens Prokurist einer mittelständischen Firma und der Heinz ein hohes Tier bei einer Krankenkasse. Wer weiß, ob sie das ohne mich wären. Ich bereue nichts.

Dieser Artikel erschien am 25. Februar 2011 auch bei kolumnen.de

13 Kommentare zu “Ich habe mich vorübergehend, ich betone vorübergehend, als Auftragsschreiber verdingt

  1. wildgans sagt:

    mal ehrlich: ehrlich.

  2. iris sagt:

    Ich hoffe, beide wissen, wem sie das zu verdanken haben.

  3. Westrup sagt:

    Wer schreibt denn jetzt Ihre Texte? Oder werden sie von einem Blog-Content-Automaton (BlCA) generiert?

  4. cw sagt:

    Aber auf die Idee, die Einleitung oder auch nur Teile davon aus der Zeitung abzuschreiben, auf diese Idee wäre ich niemals gekommen. Bei meiner Arbeit nicht und bei der vom Heinz und vom Peter schon gar nicht.

    Deswegen biste kein Verteidigungsminister geworden. Hüstel. Ich verstehe das Zitat beim besten Willen nicht.

  5. axeage sagt:

    @wildgans
    Es musste einfach raus. Ich konnte mit dieser Schuld einfach nicht mehr weiterleben.

    @iris
    Sie wissen es 😉

    @Westrup
    Meine Texte schreibe ich immer noch selbst. In mühevollster Klein…

    @cw
    Zitate sind nicht zum Verstehen, sondern zum Zitieren da. Sie zitieren einen Text – versehste.

  6. iris sagt:

    „Zitate sind nicht zum Verstehen, sondern zum Zitieren da. Sie zitieren einen Text – versehste.“ -Nee!
    Guckst du hier.

  7. axeage sagt:

    @iris
    „Zieren“, nicht „Zitieren“ 😉
    Die Fußnote ist eine Zier, doch besser lebt sich’s ohne ihr.

  8. iris sagt:

    Ohje, da hab ich doch glatt einen kleinen Strich übersehen – dann kann ich ja den Witz nicht verstehen 😉
    Das Video fand ich übrigens vor allem insofern witzig, dass der gute Professor dieselben Sympthome in der Wahrnehmung zu haben scheint, wie Guttenberg. Oder fandest du das Reagieren der Uni als „schnell“? :))

  9. axeage sagt:

    @iris
    Blitzschnell. Kaum gehen vier Jahre ins Land …
    Volker Pispers hat gestern in einer Satiresendung ein paar besonders verschwurbelte Sätze aus dieser Arbeit zitiert und kam zu dem Schluss: diese Arbeit konnte man einfach nicht lesen. Man müsse das dem (armen) Doktorvater zugute halten.

  10. axeage sagt:

    Soeben in der Süddeutschen gefunden:

    Der Berliner Tagesspiegel berichtete, Guttenberg habe nur mit der Ausnahmegenehmigung eines CSU-nahen Professors an der Universität Bayreuth promovieren dürfen. Dies erfuhr das Blatt aus Fakultätskreisen. Wie es hieß, sei Guttenbergs juristisches „Prädikatsexamen“, mit dem er auch in seinem Lebenslauf warb, nur ein sogenanntes „kleines Prädikat“ mit der Note „befriedigend“ im „unteren Bereich“. Mit einer solchen Examensnote sind juristische Promotionen nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig.

    Nach der Promotionsordnung der Uni Bayreuth kann der Dekan einen Bewerber mit einer schlechteren Note als „vollbefriedigend“ nur „ausnahmsweise“ zur Promotion zulassen, berichtet die Zeitung in ihrer Vorabmeldung.

    Dekan war bei Guttenbergs Promotionszulassung 2006 Karl-Georg Loritz. Loritz war in den siebziger Jahren Vorsitzender der Jungen Union in der CSU-Vorstandschaft der bayerischen Kreisstadt Schwandorf. Ende Januar war er Hauptredner beim Neujahrsempfang der Schwandorfer CSU. Auf der Website des Ortsverbandes heißt es laut Tagesspiegel, der Professor für Zivilrecht sei der Partei „bis heute verbunden“.

    Aus der Fakultät hieß es, die Zulassung eines „Befriedigend“-Kandidaten sei „nicht ungewöhnlich“. Dass der Kandidat dann aber die Bestnote „summa cum laude“ erziele, sei möglich, aber jedenfalls „nicht der Regelfall“. Guttenberg lehnte eine Stellungnahme dazu ab.

    Wie im schlimmsten Bananenstaat!

  11. iris sagt:

    Du meinst, ich kann mich inzwischen an meinem gegenwärtigen Wohnort wie zu Hause fühlen? Die Unterschiede im Umgang werden immer kleiner 😦
    Bananenrepublik triffts ganz gut!

  12. axeage sagt:

    @iris
    Es gibt ja den bösen Spruch:
    Angela Merkel hat ihr halbes Leben keine Banane zu Gesicht bekommen und dann hat sie innerhalb weniger Jahre eine ganze Republik danach geformt.

  13. iris sagt:

    Auweia, den kannte ich noch nicht 😉

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